Aachener Zeitung vom 14.04.2018 VON ANNA KÜSTERS
Projektreihe „Gemeinsam für geflüchtete Familien“ will Integration vorantreiben. Partnerschaftliche Aktion unter dem Dach der Alsdorfer Bildungsangebote.
Gemeinsam stark sein – ein Grundsatz, der in Alsdorf Früchte trägt. Unter dem Dach der Alsdorfer Bildungs-, Beratungs- und Begleitungsangebote (ABBBA) haben sich das Diakonischen Werk im Kirchenkreis Aachen mit den Kooperationspartnern Volkshochschule (VHS) Nordkreis Aachen, dem Familienzentrum Florianstraße und dem Jugendamt der Stadt Alsdorf zusammengetan und die Projektreihe „Gemeinsam für geflüchtete Familien“ auf die Beine gestellt.
Ihren Ursprung hat die Aktion im Bundesmodellprogramm „Starke Netzwerke – Elternbegleitung für geflüchtete Familien“. Ausgeschrieben vom Ministerium für Familie sollen damit von Mitte 2017 bis Ende 2020 Eltern und Kinder bei der Integration unterstützt werden. „Den Namen ,Gemeinsam für geflüchtete Familien‘ haben wir uns aber selbst überlegt“, erzählt Britta von Oehsen vom Diakonischen Werk lächelnd.
Kleine Schritte
„Im Mittelpunkt steht die Netzwerkbildung“, führt von Oehsen aus. Und das in zweierlei Hinsicht. Auf der einen Seite liege die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Partnern nahe, auf der anderen Seite gehe man mit den Angeboten viele kleine Schritte auf dem Weg Richtung gelungener Integration.
„Wir möchten noch viel mehr die ganze Familie ansprechen und auch die Väter mit ins Boot holen.“
Britta von Oehsen,
Diakonisches Werk
„Die Frage war: Wie erreichen wir unsere Zielgruppe? Viele unserer Teilnehmer können noch nicht ausreichend Deutsch sprechen und lesen. Sie wären über Werbung nicht auf uns aufmerksam geworden“, so von Oehsen. Daher bot das Café Kiwi, Müttercafé und Elterntreff des Diakonischen Werks, eine gute Plattform, um an geflüchtete Familien direkt herantreten zu können. Auch über die Kontakte der VHS Nordkreis wurden Menschen angesprochen. Im Familienzentrum Florianstraße stehen zum einen bei Bedarf größere Räumlichkeiten für die einzelnen Aktionen zur Verfügung. Zum anderen kann auch eine teilweise parallel stattfindende Kinderbetreuung gesichert werden.
Gut vernetzt
„Geflüchtete Familien machen wir auf das Angebot aufmerksam“, erklärt Gerda Backes, Leiterin des Familienzentrums. „Dass wir in Alsdorf auf so engem Raum so gut vernetzt sind, ist in der Städteregion einzigartig“, erzählt von Oehsen stolz. „Hier herrscht kein Konkurrenzgedanke, wir sprechen uns immer gegenseitig ab.“
So startet am 23. April zum Beispiel die zweite Auflage eines Fitnesskurses für Frauen. „Mit Hilfe von Frau Backes konnte der von uns angebotene Kurs in der großen Turnhalle des Familienzentrums stattfinden“, erinnert sich Daniela Freiberger, stellvertretende Leiterin der VHS Nordkreis. Für die Kinderbetreuung war auch gesorgt. „Das Angebot kam sehr gut an, die Turnhalle ist fast aus allen Nähten geplatzt“, erzählt Backes schmunzelnd. In der Neuauflage des Kurses wolle man jetzt einen Schritt weitergehen: vier bis fünf Plätze halte man für in Alsdorf bereits beheimatete Frauen frei.
Dass das Einleben in der neuen Heimat durch diese Strukturen gut funktionieren kann, sieht man am Beispiel von Suhir Mahmoud. „Ich lebe jetzt seit zwei Jahren hier und komme oft ins Café Kiwi. Frau von Oehsen hat mir irgendwann angeboten, dass ich als Dolmetscherin arbeiten könne. Das war für mich sehr interessant“, erzählt die junge Frau. Seitdem ist sie im Einsatz. So auch beim gestern gestarteten Angebot „Löwinnenherz“ – ein Workshop, in dem mit geflüchteten Müttern an sechs Terminen Kinder- und Frauenrechte, das Schulsystem und andere Rechtsfragen nähergebracht werden. Ein Einstieg ist hier auch beim zweiten oder dritten Termin möglich. Suhir Mahmoud vermittelt den Teilnehmerinnen hier die Informationen, falls die Sprachbarriere noch zu groß ist. „Die Frauen haben so zudem die Möglichkeit, mit einer Frau zu sprechen, die ähnliche Erfahrungen gemacht hat wie sie und zeitgleich schon gut in Deutschland angekommen ist“, führt Renate Wallraff, Leiterin des Beratungszentrums der Diakonie, aus.
Viele Ideen und Pläne
Und das sind nur zwei von vielen Projekten. Für die Zukunft gibt es viele Ideen und Pläne. „Wir möchten noch viel mehr die ganze Familie ansprechen und auch die Väter mit ins Boot holen“, sagt von Oehsen. So werde über einen Legobautag nachgedacht, an dem die Väter mit ihren Kindern zusammen spielen können. Oder über einen Ausflug ins Energeticon, bei dem vielleicht die arabisch sprechenden Männer eine Fortbildung erhalten könnten, um eine zweisprachige Führung durch die Hallen des Energeticons leiten zu können. Aber auch gemeinsames Minigolfspielen oder ein Fußballtraining haben die Frauen im Kopf.
Und damit auch auf die konkreten Bedürfnisse der Geflüchteten entsprechend eingegangen werden kann, stelle man beim Bazar der Kulturen am 13. Mai auch einen Wünschebaum auf. Hier kann dann jeder seine individuellen Fragen und Wünsche aufhängen.