Super Mittwoch vom 05.10.2016
Bei einem neuen Projekt des SkF werden ehrenamtliche Wohnungspaten für Flüchtlinge gesucht
„Eine eigene Wohnung ist der erste Schritt in die Integration“, sagt Lisa Trümper-Loogen, die beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) in Alsdorf ein neues Projekt betreut, in dem Wohnungspaten für Flüchtlinge gesucht werden. Ehrenamtlich engagierte Bürger sollen sich darin stark machen, zugewanderte Menschen, die in der Alsdorfer Sammelunterkunft am Denkmalplatz leben, bei der Suche nach eigenem Wohnraum zu unterstützen.
„Durch den Umzug in eine eigene Wohnung verbessert sich die Lebensqualität der Flüchtlinge ganz erheblich“, beschreibt Trümper- Loogen. Ein Leben im eigenen Wohnraum fördere zudem die berufliche Integration. Allerdings sei es für die Flüchtlinge, die bei ihrer Suche nach eigenen vier Wänden in großen Teilen auf sich gestellt sind, auf dem hart umkämpften Wohnungsmarkt eine kaum lösbare Aufgabe, sich ein Leben außerhalb der Sammelunterkunft aufzubauen.
„Nur sechs oder sieben von 100 Bewohnern haben bislang eine Wohnung gefunden“, berichtet Jamal Dokko. Der 48-jährige Syrer hat nach seiner Ankunft in Deutschland selbst einen Monat in dem Heim gewohnt, in dem hauptsächlich Alleinreisende untergekommen sind, und schaut regelmäßig am Denkmalplatz vorbei. Dass der ehemalige Schulleiter so schnell in eine Wohnung umziehen konnte, sei ein Glücksfall gewesen, sagt Lisa Trümper-Loogen.
Im Normalfall sieht es anders aus: Das erste deutsche Wort, dass er gelernt habe, sei „warten“ gewesen, sagt einer der Bewohner. „Überall heißt es ‚Warten Sie bitte!‘“ Das sei schon frustrierend. „Aber wir sind Gäste in diesem Land, also warten wir.“ Lisa Trümper-Loogen weiß von dieser Situation. „Alle Männer, die dort wohnen, warten. Sie warten auf ihre Aufenthaltserlaubnis, auf Arbeit und auf Deutschkurse. Sie warten auf Lösungen.“ Dokko pflichtet ihr bei: „Das ist die Katastrophe im Heim. Und das ist schlimm für die Menschen und die Stadt.“
Das Leben in der Sammelunterkunft gestaltet sich für viele Bewohner aus den verschiedensten Gründen sehr belastend. Dort leben Menschen verschiedenen Alters, verschiedener Herkunft und mit verschiedenen Perspektiven. „Die unterschiedlichen Religionen sind kein Problem, aber die vielen Kulturen sorgen manchmal für Differenzen“, berichtet Jamal Dokko. Und dann kommt noch die mangelnde Privatsphäre hinzu. „Wir sind bis zu zehn Personen, die in einem Zimmer leben“, erzählt der 31-jährige Saod Ibrahim, der in seiner Heimat Irak als Fliesenleger tätig war. Er würde gerne in eine Wohnung ziehen, auch eine kleine WG, um zur Ruhe kommen zu können.
Ichalat Al-Sindi ist Berufsschüler, und auch er wünscht sich die Möglichkeit eines Rückzugspunktes. Vor allem fürs Lernen und Hausaufgabenmachen gebe es derzeit kaum Raum. Alaa Dalisalo aus Syrien sieht das ähnlich. Der 26-Jährige studiert an einer Sprachakademie, geht jeden Tag zur Schule, aber ans Aufgabenlösen sei im Heim nicht zu denken. „Ich will aktiv werden, ich will etwas machen, werde aber immer wieder vertröstet“, klagt er.
Unterstützt in der Finanzierung der passenden Wohnungen, würden die Flüchtlinge vom Sozialamt beziehungsweise vom Jobcenter. „Aber erst einmal eine Wohnung zu finden, das ist wie ein Sechser im Lotto“, sagt Trümper-Loogen. Die Menschen müssten sich umhören, Netzwerke aufbauen und nutzen und sich im Internet schlau machen. Aber der Kontakt zu potenziellen Vermietern sei häufig erschwert durch mangelnde Sprachkenntnisse, was auch etwa das Verständnis von Vertragsmodalitäten betreffe. Und das sei eine interessante Aufgabe für einen Wohnungspaten.
Umzug organisieren und Hausregeln erklären
Ihre Unterstützung könnte sich auf das gemeinsame Anschauen von Anzeigen beziehen und der Recherche im Internet. Paten könnten beim Vermieter vorsprechen, den Umzug organisieren, die Hausregeln erklären, Möbel beschaffen, bei der Ausstattung und dem Renovieren helfen, Strom anmelden, über Versicherungen aufklären und mehr. Und auch nach der Vermittlung könnten sie bei Fragen zur Seite stehen. „Damit schlagen sie eine kulturelle Brücke“, sagt Lisa Trümper-Loogen, „natürlich immer mit Unterstützung des SkF.“
Gesucht werden deshalb Menschen, die Freude am Kontakt mit anderen Kulturen haben, die tolerant und ausdauernd sind oder vielleicht sogar eigenen Wohnraum zur Verfügung stellen möchten. Die Paten werden durch die Koordinatorin Lisa Trümper-Loogen mit einer Einführung in das kleine Einmaleins des Mietens auf ihre Aufgabe vorbereitet. Die Wohnungspaten können zudem an regelmäßigen Austauschtreffen teilnehmen. Vom SkF werden auch kostenlose Schulungen und Fortbildungen angeboten. Übrigens kann eine Patenschaft jederzeit beendet werden, wenn es nicht passt.
info
Infos über das SkF-Projekt der Wohnungspaten, das gefördert wird vom Projektverbund „Mitten drin“ des Landes NRW unter dem Dach des Abbba e.V., gibt es bei Lisa Trümper-Loogen vom SkF Alsdorf, Otto-Wels-Straße 2b, Tel. 02404/5995915.